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Kreuzweg mit Bischof Stefan Oster
Kaum eine Andachtsform führt uns auf derart eindrückliche Weise das Leiden und Sterben Jesu Christi vor Augen wie der Kreuzweg. Dabei betrachtet man in vierzehn Stationen der Leidens- und Sterbensweg Jesu Christi: von seiner Verurteilung zum Tod bis zur Kreuzigung und Grablege.
Der Kreuzweg – Mit Bischof Stefan Oster
Vierzehn Stationen des Leidens und Sterbens Jesu Christi.
Einführung
Ursprünge dieser Gebets- oder Frömmigkeitsform sind im Heiligen Land zu finden, genauer in Jerusalem. Dort wird dieser Weg als ‚Via Dolorosa‘, das heißt der ‚schmerzensreiche Weg‘, bezeichnet. Er führt von der Burg Antonia, auf der vermutlich der Amtssitz von Pontius Pilatus war, durch die Altstadt in die Grabeskirche, und damit an den Ort, an dem Jesus der Überlieferung nach ins Grab gelegt wurde. Manche der Stationen finden sich in der Bibel wieder, z. B. Jesu Verurteilung und die Hilfe durch Simon von Zyrene, andere entstammen der Traditionsbildung und Überlieferung wie der dreimalige Sturz des Herrn.
Besonders in der Karwoche hilft die Betrachtung des Kreuzweges, sich die Heilstat Christi immer mehr vor Augen zu führen. Beten und betrachten Sie ihn gemeinsam mit Bischof Stefan Oster.
1. Station - Jesus wird zum Tod verurteilt
Wir beten Dich an Herr Jesus Christus und preisen Dich.
Denn durch Dein heiliges Kreuz hast Du die Welt erlöst.
Gekreuzigter Herr Jesus Christus, erbarme Dich unser
und der ganzen Welt.
Laufzeit: 7:11
Jesus Christus, der Herr des Himmels und der Erde, steht vor Pontius Pilatus, dem Repräsentanten des römischen Imperiums.
Dieser verurteilt Jesus zum Tod. Viele der Umherstehenden wurden von den jüdischen Obrigen der damaligen Zeit aufgefordert, seinen Tod zu verlangen – und anstatt seiner die Freilassung des Barnabas, eines Mörders und Verbrechers zu fordern.
Jesus hätte sich wehren können, hätte widersprechen oder leugnen können, doch er stellte sich seinem Urteil und trat ein in seine Passion. Wie kam es soweit?
Hatte er eine Wahl? Warum – und vor allem: für wen – hat er das getan?
Beten und betrachten Sie gemeinsam mit Bischof Stefan Oster die erste Station des Kreuzweges.
2. Station - Jesus nimmt das Kreuz auf seine Schultern
Wir beten Dich an Herr Jesus Christus und preisen Dich.
Denn durch Dein heiliges Kreuz hast Du die Welt erlöst.
Gekreuzigter Herr Jesus Christus, erbarme Dich unser
und der ganzen Welt.
Laufzeit: 7:17
Jesus nimmt das Kreuz auf seine Schultern. Dem gefolterten, misshandelten Jesus wird das Kreuz aufgeladen. Wie konnte es soweit kommen?
Jesus ist unschuldig zum Tod verurteilt, wie in der letzten Station betrachtet wurde. Wenn es stimmt, was wir glauben, dass Jesus der Gerechteste von allen war, dann hat der Gerechteste von allen das größte Unrecht erlitten. Doch er nimmt das Urteil an und tritt ein in seine Passion. Er beginnt seinen Weg mit dem Kreuz auf den Schultern hin zu seiner eigenen Hinrichtung.
All den Spott, Hohn, Demütigung und Qualen, die er erlitt, nimmt er in völliger Freiheit an – und das in gewisser Weise für uns. Wenn man sich mit seinem Leid verbinden kann und es auch mit seiner Gegenwart erfüllen kann, bekommt das menschliche Leid von ihm her womöglich eine neue Bedeutung und Sichtweise. Wie ist das zu verstehen?
Das erklärt und betrachtet Bischof Stefan Oster in der zweiten Station des Kreuzweges.
3. Station - Jesus fällt zum ersten Mal unter dem Kreuz
Wir beten Dich an Herr Jesus Christus und preisen Dich.
Denn durch Dein heiliges Kreuz hast Du die Welt erlöst.
Gekreuzigter Herr Jesus Christus, erbarme Dich unser
und der ganzen Welt.
Laufzeit: 5:53
Erniedrigung. Das erlebt Jesus oft in seinem Leben. Es beginnt bereits am Anfang seines Lebens: Er wird als Baby in einem Stall geboren und in eine Krippe gelegt, aus der normalerweise das Vieh frisst. Und auch die dritte Station des Kreuzweges beschreibt eine Szene der Erniedrigung: Er, in dem alles geschaffen ist, er, der als Schöpfer die ganze Welt trägt und erhält, fällt kraftlos unter der Last des Kreuzes.
Immer wieder wird deutlich, was Paulus im Philipperbrief schrieb: „Er war Gott gleich, hielt aber nicht daran fest, Gott gleich zu sein, sondern er entäußerte sich und wurde wie ein Sklave und den Menschen gleich.“ Es beschreibt die Wirklichkeit Jesu.
Jesus fällt unter dem Kreuz. Der Verspottete, Gefolterte, Ausgepeitschte fällt in den Dreck und wird unter der Last des Kreuzes zu Boden gedrückt. Er, durch den alles geschaffen ist, erniedrigt sich freiwillig. Er will gewissermaßen die letzten Möglichkeiten der Erniedrigung des Menschseins auf sich nehmen, damit sich jeder, der Erniedrigungen ertragen muss, mit ihm verbinden kann und wieder aufstehen kann. Und er wird wieder aufstehen!
Beten und betrachten Sie gemeinsam mit Bischof Stefan Oster die dritte Station des Kreuzweges.
4. Station - Jesus begegnet seiner Mutter
Wir beten Dich an Herr Jesus Christus und preisen Dich.
Denn durch Dein heiliges Kreuz hast Du die Welt erlöst.
Gekreuzigter Herr Jesus Christus, erbarme Dich unser
und der ganzen Welt.
Laufzeit: 6:28
Jesus begegnet seiner Mutter. Unter den Personen am Straßenrand steht sie, Maria, die Mutter Jesu. Sie geht den Weg Jesu mit. Bei der Festnahme, das erzählt das Evangelium, laufen alle Jünger davon. Doch die Mutter bleibt. Maria ist das ganze Leben mit ihm gegangen und an seiner Seite gestanden.
Wie wird es ihr bei dem Anblick Jesu ergangen sein? Vielleicht wollte sie ihn trösten, ihn schützen. Vielleicht konnte sie aber auch nicht verstehen, was passiert. Sie glaubt jedoch und vertraut, dass er der ist, der zu sein er gesagt hat, und dass er diesen Weg gehen und zu Ende gehen muss.
Als Mutter Jesu war sie in besonderer Weise privilegiert, den Sohn zu empfangen, den Sohn der Welt zu geben. Daher glauben wir, dass sie ein Maß an innerer Verbundenheit mit ihm hat, das alle andere Verbundenheit übertrifft. Das heißt, wir glauben im Grunde, dass sie das liebesfähigste Herz hatte, das je ein Mensch hatte, ausgenommen Jesus. Sie war mit ihm in einer Weise verbunden, wie nie mehr ein Mensch verbunden sein wird mit dem Sohn.
Wie mag es ihr gehen, ihr Fleisch und Blut so gefoltert, so leiden zu sehen und zu wissen, was am Ende dieses Kreuzweges steht? Dramatischere Folter, unsägliche Schmerzen, der Tod. Wenn sie das liebesfähigste Herz hatte, dass je ein Mensch hatte, dann hatte sie es auch in der Form des Mitleids. Dann durchdringt ihr eigenes Herz ein Schwert, wie ihr der alte Simeon prophezeit hat, als sie Jesus als Baby in den Tempel bringt: ‚Dein Herz wird ein Schwert durchdringen!‘
Betrachten und beten Sie die vierte Station des Kreuzweges mit Bischof Stefan Oster.
5. Station - Simon von Zyrene hilft Jesus das Kreuz tragen
Wir beten Dich an Herr Jesus Christus und preisen Dich.
Denn durch Dein heiliges Kreuz hast Du die Welt erlöst.
Gekreuzigter Herr Jesus Christus, erbarme Dich unser
und der ganzen Welt.
Laufzeit: 7:13
Simon von Zyrene hilft Jesus, das Kreuz zu tragen. Vermutlich geschieht es nicht freiwillig. Ganz offensichtlich merken die römischen Soldaten, dass Jesus es schwerfällt, den Weg bis zu Ende zu gehen und sie wollen verhindern, dass er vorher tot zusammenbricht. Und sie nehmen willkürlich einen Mann namens Simon von Zyrene, der zufällig des Weges daherkommt, und zwingen ihn, das Kreuz mit Jesus zu tragen.
Simon von Zyrene wird etwas aufgeladen, das er nicht gewählt hat. Er wird gezwungen, zu helfen und ist damit auch dem Geschehen ausgesetzt. Vielleicht treffen ihn auch die Peitschenhiebe, mit denen die Römer das Geschehen vorantreiben wollen. Vielleicht wird er auch ausgespottet von denen, die am Rand stehen und das Schauspiel beobachten. Aber er tut es einfach. Er hilft Jesus, das Kreuz zu tragen, und geht an seiner Seite.
Jesus trägt sein Kreuz für uns. Doch warum betrachten wir im Kreuzweg, dass ein Mann, der zufällig des Weges kommt, dem Gefolterten beim Tragen helfen muss? Wenn wir uns davon berühren lassen, dass Jesus den Weg für uns geht, dann sind wir dazu aufgerufen, so wie Simon auch etwas für ihn zu tun. Etwas zu tragen, der Welt zu zeigen, zu lieben, zu sprechen.
Je mehr wir verstehen lernen, dass es in unserem Leben nicht zuerst um uns selbst geht, sondern um Jesus, desto mehr gehen wir den Weg des Evangeliums. Desto mehr gehen wir Jesus nach und desto mehr dürfen wir merken: Je mehr es uns um ihn geht, desto mehr werden wir erfahren, wie sehr es ihm um uns geht!
Über diese und weitere Gedanken spricht Bischof Stefan Oster mit Blick auf die fünfte Station des Kreuzweges.
6. Station - Veronika reicht Jesus das Schweisstuch
Wir beten Dich an Herr Jesus Christus und preisen Dich.
Denn durch Dein heiliges Kreuz hast Du die Welt erlöst.
Gekreuzigter Herr Jesus Christus, erbarme Dich unser
und der ganzen Welt.
Laufzeit: 7:06
Es ist Veronika, die Jesus das Schweißtuch reicht, erzählt die Überlieferung. Eine Frau am Straßenrand, in deren Tuch sich das Gesicht Jesu einprägt haben soll. Die Christenheit verehrt mehrere Tücher, insbesondere zwei, die das Gesicht Jesu zeigen. Eines davon könnte mit dieser Szene in Verbindung gebracht werden.
Manche erklären diese Station auch mit dem Namen ‚Veronika‘. ‚Vera icona‘ meint das wahre Bild Jesu Christi. Was sehen wir, wenn wir Jesus anschauen? Das wahre Bild, das Antlitz Gottes. Einst sagte Jesus selbst zu den Jüngern: ‚Wer mich sieht, sieht den Vater. Wer mich gesehen hat, hat den Vater gesehen.‘
Das Antlitz Gottes, wie ist das zu verstehen? Meint das Antlitz nur den bildlichen Abdruck des Gesichtes Jesu oder könnte damit auch etwas anderes gemeint sein? Der Mensch neigt dazu, oberflächlich zu betrachten und zu beurteilen. Wenn man einen Menschen jedoch gut kennt und ihm ins Gesicht oder in die Augen schaut oder die Regungen seiner Mundwinkel oder seiner Stirn betrachtet, dann kann man in seinem Gesicht innere Regungen lesen. Im Glauben geht es genau um das: dass wir immer mehr lernen, mit dem Antlitz die Herzensregungen Jesu zu verstehen.
Beten und betrachten Sie die sechste Station des Kreuzweges mit Bischof Stefan Oster.
7. Station - Jesus fällt zum zweiten Mal unter dem Kreuz
Wir beten Dich an Herr Jesus Christus und preisen Dich.
Denn durch Dein heiliges Kreuz hast Du die Welt erlöst.
Gekreuzigter Herr Jesus Christus, erbarme Dich unser
und der ganzen Welt.
Laufzeit: 6:45
Jesus fällt zum zweiten Mal unter dem Kreuz. Er wurde gefoltert und verachtet. Die Dornenkrone trug er auf seinem Haupt. Er war ausgepeitscht und verprügelt und nun liegt er kraftlos im Staub der Erde, gestürzt und zum zweiten Mal gefallen unter der Last des Kreuzes. Und mehr und mehr erinnert die Darstellung an das vierte Lied des Gottesknechtes aus Jesaja 53:
,Er wurde verachtet und von den Menschen gemieden, ein Mann voller Schmerzen, mit Krankheit vertraut wie einer, vor dem man das Gesicht verhüllt, war er, verachtet. Wir schätzten ihn nicht.‘ – ,Aber,‘ so geht der Text weiter, ‚aber er hat unsere Krankheit getragen und unsere Schmerzen auf sich geladen. Wir meinten, er sei von Gott geschlagen, von ihm getroffen und gebeugt. Doch er wurde durchbohrt wegen unserer Vergehen, wegen unserer Sünden, zermalmt. Zu unserem Heil lag die Züchtigung auf ihm. Durch seine Wunden sind wir geheilt!‘
Dieses Lied von einem Gottesknecht spricht das Buch des Propheten Jesaja in die Zeit der Babylonischen Gefangenschaft des Volkes Israels. Während der sogenannten babylonischen Gefangenschaft im sechsten Jahrhundert wurden viele Israeliten für 70 Jahre nach Babylon verschleppt. Viele der leitenden Figuren des Volkes wurden umgebracht und der Tempel und mit ihm ganz Jerusalem war zerstört. Das Volk war in Gefangenschaft geraten.
Was macht ein Volk, das eigentlich davon lebt, von der Überzeugung und Identität lebt ‚Wir sind das Volk, in dessen Mitte, in dessen Tempel Gott wohnt? Die Geschichte der Überlieferung Israels sagt später, dass das Volk Gottes aus Babylon reifer und tiefer im Glauben zurückkehrt, als es vorher war. Der beschriebene Gottesknecht, der damals mit Gott und Israel identifiziert worden ist, später auf Jesus bezogen, der zum zweiten Mal unter dem Kreuz fiel – aus Freiheit und für uns.
Beten und betrachten Sie die siebte Station des Kreuzweges mit Bischof Stefan Oster.
8. Station - Jesus begegnet den weinenden Frauen
Wir beten Dich an Herr Jesus Christus und preisen Dich.
Denn durch Dein heiliges Kreuz hast Du die Welt erlöst.
Gekreuzigter Herr Jesus Christus, erbarme Dich unser
und der ganzen Welt.
Laufzeit: 5:44
Sie weinen. Die Frauen Jerusalems stehen am Wegesrand und folgen Jesus auf seinem Weg – und sie weinen und klagen, lesen wir im Lukasevangelium 23,27f.: „Es folgte ihm eine große Menge des Volkes, darunter auch Frauen, die um ihn klagten und weinten. Jesus wandte sich zu ihnen um und sagte: Töchter Jerusalems, weint nicht über mich; weint vielmehr über euch und eure Kinder!“
Wie befremdlich muss dieser Satz auf die Frauen gewirkt haben. Angesichts des Anblickes und der fürchterlichen Qual, die Jesus erlitt, ist die Bestürzung und das Klagen der Frauen doch naheliegend. Oder lässt sich die Aussage Jesu auch anders verstehen?
Jesus war nicht nur Mensch, sondern der menschgewordene Gott. Er nahm das Kreuz auf sich und ging damit den Weg zu Ende, der uns allem zum Heil dient. Lassen wir uns darauf ein?
Können wir sogar bejahen, dass er es tut? Warum feiern wir die Liturgie am Karfreitag? Weil wir darin bejahen, was er für uns getan hat. Es ist die Dimension der Rettung, derer wir gedenken. Und gleichzeitig ist in dieser Dimension der Rettung, wenn sie für uns alle und die ganze Welt ist, auch das Gericht enthalten.
Je tiefer wir dieses Geschehen an uns heranlassen, desto mehr verstehen wir womöglich, dass Jesus sagt: ‚Weint nicht zuerst um mich, sondern um euch und eure Kinder.‘ An der Qualität unserer Beziehung zu Jesus entscheidet sich unser persönliches Schicksal! Er hat diesen Weg für uns eröffnet.
Beten und betrachten Sie gemeinsam mit Bischof Stefan Oster die achte Station des Kreuzweges.
9. Station - Jesus fällt zum dritten Mal unter dem Kreuz
Wir beten Dich an Herr Jesus Christus und preisen Dich.
Denn durch Dein heiliges Kreuz hast Du die Welt erlöst.
Gekreuzigter Herr Jesus Christus, erbarme Dich unser
und der ganzen Welt.
Laufzeit: 5:51
Dreimal stürzt Jesus unter dem Kreuz. Dreimal versucht Pilatus, Jesus freizulassen. Und dreimal verleugnet Petrus den Herrn. Dreimal, eine Zahl, die sich in der Passion wiederholt. Ein Blick auf Petrus in der Zukunft zeigt, dass auch später diese Wiederholung von Bedeutung ist.
Nach der Auferstehung, so erzählt es die Schrift, begegnet Jesus den Jüngern am See von Tiberias. Petrus, der mit seinen Freunden fischen gegangen ist, bemerkt am Ufer eine Person. Diese fordert sie auf, die Netze nochmals hinauszuwerfen. Und sie fangen so viele Fische, dass die Netze zu zerreißen drohen. Petrus spürt, dass es der Herr ist, der auferstanden ist. Und das letzte, was Petrus vor Jesu Tod getan hat, war, ihn feige zu verleugnen.
In dieser Situation tritt der auferstandene Jesus dem Petrus gegenüber. Anstatt ihm Vorwürfe zu machen, stellt Jesus dem Petrus nur dreimal die Frage: ‚Liebst Du mich?‘ Petrus ringt um Worte und antwortet: ‚Ja, Herr, Du weißt, dass ich Dich liebe.‘ Ein Blick in den Urtext zeigt, dass er ein anderes Wort für Liebe verwendet als Jesus. Während Jesus von ‚Agape‘, der Liebe, die aus dem Herzen Gottes kommt, spricht, antwortet Petrus mit ‚Philia‘, der Bruder- oder Freundschaftsliebe. Und Jesus spricht: ‚Weide meine Schafe; weide meine Lämmer.‘ Mehr denn je zeigt dieses Gespräch, dass Jesus ihm vergeben hat. Und dass Kriterium aller Sendung und apostolischen Tätigkeit die Liebe zum Herrn ist.
Aus Liebe zu den Menschen, zu Petrus und zu denen, die ihm die Nägel in die Hände schlagen werden, geht Jesus diesen Weg und stirbt am Kreuz! Lassen wir uns dem, der zum dritten Mal unter der Last des Kreuzes am Boden liegt, zum dritten Mal hingefallen ist, die Frage stellen: ‚Liebst du mich?‘
Beten und betrachten Sie gemeinsam mit Bischof Stefan Oster die neunte Station des Kreuzweges.
10. Station - Jesus wird seiner Kleider beraubt
Wir beten Dich an Herr Jesus Christus und preisen Dich.
Denn durch Dein heiliges Kreuz hast Du die Welt erlöst.
Gekreuzigter Herr Jesus Christus, erbarme Dich unser
und der ganzen Welt.
Laufzeit: 7:53
Das einzige, was Jesus bei sich trägt, sind seine Kleider am Leib. Dessen wird er beraubt. Sie werden ihm vom Leib gerissen. Dabei werden ihm vermutlich getrocknete Wunden wieder aufgerissen – und er steht entblößt vor den Menschen.
Das letzte, was er hatte, wird ihm genommen. Jeder Mensch sehnt sich danach, dass die Grundbedürfnisse nach Essen und Trinken, Kleidung und gut versorgt zu sein, Anerkennung, Macht, Reichtum und Sicherheiten erfüllt sind. Betrachtet man aus dieser Perspektive die Situation Jesu, hat er alles verloren. Er steht ohne Kleider vor den Menschen und hat keine Möglichkeit, sich zu bedecken. Er wird auf diese Art tief gedemütigt und bloßgestellt. Nackt steht er da und jede Sicherheit ist verloren.
Es wirkt, als könne sich die Welt mit all ihrer Bosheit und allem Übel der Welt am Herrn „austoben“. Er, der der Schöpfer und Heilbringer von allem ist, wird von allem beraubt, was je in irgendeiner Form lebenswert macht! In dieser Welt gibt es viele Menschen, die die gewissermaßen beraubt, nackt gemacht, gefoltert, gequält oder getötet werden. Und wir fragen uns: ‚Wo ist Gott?‘.
Er ist der, der allem beraubt wird, was er hat, und für die Menschen in Freiheit ans Kreuz gegangen ist. Es gibt seit dem Tod Jesu kein Leiden in dieser Welt mehr, mit dem er nicht mitleiden und es mittragen würde.
Beten und betrachten Sie gemeinsam mit Bischof Stefan Oster die zehnte Station des Kreuzweges.
11. Station - Jesus wird ans Kreuz genagelt
Wir beten Dich an Herr Jesus Christus und preisen Dich.
Denn durch Dein heiliges Kreuz hast Du die Welt erlöst.
Gekreuzigter Herr Jesus Christus, erbarme Dich unser
und der ganzen Welt.
Laufzeit: 6:20
Jesus wird ans Kreuz genagelt. Seine Arme links und rechts, seine Füße gemeinsam am unteren Balken. Er, der alles bewegt, ist bewegungslos an das Kreuz geschlagen.
In der Philosophie wird Gott – nach Aristoteles – als der unbewegte Beweger bezeichnet. Dies gründete er auf die Überlegung des Wesens Gottes: In der Welt ist alles in Bewegung. Daher muss es etwas geben, das alle Veränderung in Gang bringt, selbst aber unbewegt ist – der unbewegte Beweger.
Im Johannesevangelium sagt Jesus: ‚Wenn ich von der Erde erhöht bin, werde ich alle an mich ziehen!‘ Er, der gekreuzigt und angenagelt am Kreuz ist und sich nicht mehr bewegen kann, ist der, der alle an sich ziehen will. Wenn sich Menschen von diesem Geheimnis berühren lassen, werden sie im tieferen Sinne bewegt und angezogen. Er ist der Durchgang zu einem größeren Leben, zu einem tieferen Heil, das dem Menschen eröffnet und geschenkt worden ist.
Es gibt viele Dinge, die Menschen beeinflussen oder verändern. Am stärksten verändert jedoch die innerliche Erfahrung, geliebt zu sein. Gott ist die Liebe und stirbt aus Liebe zu den Menschen. Paulus wird sagen, berührt von diesem Geheimnis: ‚Was kann uns scheiden von der Liebe Christi? Bedrängnis oder Not oder Verfolgung, Hunger oder Kälte, Gefahr oder Schwert? Weder Tod noch Leben, weder Engel noch Mächte, weder Gegenwärtiges noch Zukünftiges noch Gewalten, weder Höhe oder Tiefe noch irgendeine andere Kreatur können uns scheiden von der Liebe Gottes, die in Christus Jesus ist, unserem Herrn.‘
Der unbewegte Beweger ließ sich annageln und an das Kreuz hängen, um alle durch sich in das Reich des Vaters zu ziehen. Er ließ sich unbeweglich machen, um das Leben jedes einzelnen zu bewegen und in die Beziehung mit ihm zu führen.
Beten und betrachten Sie gemeinsam mit Bischof Stefan Oster die elfte Station des Kreuzweges.
12. Station - Jesus stirbt am Kreuz
Wir beten Dich an Herr Jesus Christus und preisen Dich.
Denn durch Dein heiliges Kreuz hast Du die Welt erlöst.
Gekreuzigter Herr Jesus Christus, erbarme Dich unser
und der ganzen Welt.
Laufzeit: 7:19
Jeder Mensch kommt in diese Welt, um zu leben. Jesu kam in die Welt, um zu sterben. Er stirbt am Kreuz. Nach dem Johannesevangelium waren seine letzten Worte: ‚Es ist vollbracht; es ist vollendet.‘
Das, wozu er gekommen ist, ist jetzt durchgeführt. Den Willen des Vaters hat er bis zum Ende getan. An einer anderen Stelle lesen wir, dass Jesus kurz vor seinem Tod ausruft: ‚Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?‘ Spürt Jesus eine Verlassenheit? Was bedeuten seine Worte?
Wenn ein Mensch einen anderen liebt, dann tritt er innerlich auf seine Seite und lässt sich die Freude und das Leiden des anderen wirklich nahegehen. Jesus kam in diese Welt, um sich die Gottesentfernung der Menschen, die in einem anderen Wort auch Sünde heißt, zutiefst nahegehen zu lassen. Er lässt sich die dem Tod verfallene Menschheit so nahegehen, wie es nur irgend möglich. Und er nimmt alles auf sich bis dahin, dass Paulus die Formulierung verwenden wird: ‚Er, der keine Sünde kannte, ihn hat Gott zur Sünde gemacht.‘
Der gekreuzigte Herr ist zur Sünde gemacht. Und er ruft gewissermaßen in dieser Identifikation mit der gottverlassenen Menschheit aus: ‚Mein Gott, warum hast du mich verlassen?‘ Er zieht die gottverlassene Menschheit hin zu sich und hin zum Vater. Und er gibt den Geist auf.
Auf dem Bild stehen unter dem Kreuz zwei Gestalten, die die Tradition als Maria, die Mutter und Johannes, den Lieblingsjünger identifizieren. Als eine Art letzten Hoheitsakt vor seinem Tod sagt Jesus: ‚Sieh, dein Sohn. Siehe, deine Mutter.‘ Und gründet so die neue Gottesfamilie. Maria steht typologisch für die Gestalt der Kirche.
Beten und betrachten Sie gemeinsam mit Bischof Stefan Oster die zwölfte Station des Kreuzweges.
13. Station - Jesus wird in den Schoß seiner Mutter gelegt
Wir beten Dich an Herr Jesus Christus und preisen Dich.
Denn durch Dein heiliges Kreuz hast Du die Welt erlöst.
Gekreuzigter Herr Jesus Christus, erbarme Dich unser
und der ganzen Welt.
Laufzeit: 6:03
Jesus wird in den Schoß seiner Mutter gelegt. Sie hält den Leichnam ihres geliebten Sohnes in den Armen, voll Trauer und voll Schmerz. Sie ist die Glaubende schlechthin und sie gibt der Welt den Sohn.
Immerfort in ihrem Leben gibt sie den Sohn: Am Anfang ihrer Sendung empfängt sie nach der Ankündigung durch den Engel den Sohn und gibt ihn an Weihnachten der Welt zum ersten Mal. Und sie empfängt die ersten, die gekommen waren, um ihn anzubeten – die Hirten, die drei Weisen – und sie gibt ihn uns. Sie tut es hier. Auch an Pfingsten ist sie bei den Jüngern und betet mit ihnen um den Geist und das, obwohl sie in geheimnisvoller Weise immer schon erfüllt von seinem Geist war. Sie ist die, durch die Christus ursprünglich in die Welt kommt, in einem zutiefst ursprünglichen Sinn leiblich und geistlich. Sie gibt den Sohn der Welt.
Deswegen ist sie auch die Gestalt der Kirche, die Mutter der Kirche und die Ursprungsgestalt von Kirche. Durch sie kommen wir näher zum Sohn und es kann auch in uns dann etwas passieren, was sich in ihr buchstäblich leiblich ereignet hat: die Geburt des Sohnes.
Der Barockdichter Angelus Silesius sagte einst: ‚Und wäre Jesus tausendmal geboren und nicht in dir, du wärst doch ewiglich verloren.‘ Wir sind daher berufen, Menschen der Kirche zu werden, die das Wort Gottes von Bethlehem, den gekreuzigten Herrn und den Auferstandenen in seinem Geist in uns aufnehmen und als Liebe zur Welt bringen, als Liebe der Welt geben.
Beten und betrachten Sie gemeinsam mit Bischof Stefan Oster die dreizehnte Station des Kreuzweges.
14. Station - Jesu wird in das Grab gelegt
Wir beten Dich an Herr Jesus Christus und preisen Dich.
Denn durch Dein heiliges Kreuz hast Du die Welt erlöst.
Gekreuzigter Herr Jesus Christus, erbarme Dich unser
und der ganzen Welt.
Laufzeit: 6:52