Heilige Theresia vom Kinde Jesus oder Theresia von Lisieux, h1>
Ordensfrau
* 2. Januar 1873 in Alençon in der Normandie in Frankreich
†30. September 1897 in Lisieux in Frankreich
… aus ihrem Leben!
Theresia, geboren 1873, trat mit fünfzehn Jahren in den Karmel von Lisieux ein. Damals hatte sie bereits eine ungewöhnlich reiche religiöse Erfahrung. Sie selbst betrachtete Weihnachten 1886 als entscheidendes Ereignis in ihrem Leben; sie erfuhr die Gnade einer „völligen Umkehr“ und verstand von da an die Liebe zu Christus und zu den Menschen als die eigentliche Berufung ihres Lebens. Ihr Leben im Karmel verlief äußerlich sehr einfach; ihr innerer Weg ging steil nach oben. Sie begriff, dass ihre Christusliebe sich in der Kreuzesnachfolge verwirklichen musste. Die Heilige Schrift wurde mehr und mehr ihre einzige Lektüre; innere Prüfungen und körperliche Krankheit waren ihr Alltag. In der Nacht zum Karfreitag 1896 hatte sie ihren ersten Bluthusten; am 30. September 1897 starb sie mit den Worten: „Mein Gott, ich liebe dich.“ Über ihre innere Welt sind wir durch ihre Aufzeichnungen „Geschichte einer Seele“ und ihre von der Priorin gesammelten „Worte“ unterrichtet. Theresia ging auf das Ganze, auf das Große. Sie wollte Jesus mehr lieben, als er jemals geliebt wurde; sie brachte sich der barmherzigen Liebe Gottes als Brandopfer dar; sie wollte alle Menschen lieben, wie Jesus sie liebte. Vor Hochmut wurde sie durch die Erkenntnis bewahrt, dass sie selbst zu alledem völlig unfähig war und nur durch die Kraft der zuvorkommenden Liebe Gottes überhaupt etwas tun konnte. - Papst Pius XI. hat sie 1925 heilig gesprochen und zur Patronin der Missionen erhoben.
Legenden oder Worte der Heiligen
Der Weg „O nein, nie habe ich für mich außergewöhnliche Gnaden begehrt ... Ich habe kein anderes Mittel als Blumen zu streuen, das heißt, keines der kleinen Opfer, keinen Blick, kein Wort mir entgehen zu lassen, auch die kleinsten Taten zu beachten und sie aus Liebe zu vollbringen.“ „Ich kann mich nur von der Wahrheit nähren. Aus diesem Grunde habe ich nie nach Visionen verlangt ...“ „Ich sehe nur ein halbverschleiertes Licht, das Licht, das aus den gesenkten Augen des Antlitzes des Herrn entströmt.“ (Theresia vom Kinde Jesus)
Worte des Heiligen
Auf die Frage einer Mitschwester, was es heiße, vor Gott ein Kind zu sein, antwortet sie:
Es besteht darin, dass man sein Nichts anerkennt, alles vom Lieben Gott erwartet, so wie ein kleines Kind alles von einem Vater erwartet; dass man sich um nichts Sorgen macht, kein Vermögen erwirbt. Auch bei den Armen gibt man dem Kind, was es braucht, sobald es aber groß wird, will sein Vater es nicht mehr erhalten. Er sagt zu ihm:
Jetzt musst du arbeiten, du kannst dich jetzt selber erhalten.
Weil ich das nicht hören wollte, wollte ich nicht groß werden, denn ich fühlte mich unfähig, meinen Lebensunterhalt zu verdienen, nämlich das ewige Leben im Himmel. So bin ich immer klein geblieben, und meine einzige Beschäftigung bestand darin, Blumen zu pflücken, Blumen der Liebe und des Opfers, um sie dem Lieben Gott anzubieten zu seiner Freude.
Klein sein heißt auch, nicht die Tugenden, die man übt, sich selber zuschreiben, nicht sich selber zu irgendetwas fähig halten, sondern anerkennen, dass der Liebe Gott diesen Schatz in die Hand seines kleinen Kindes legt, damit es ihn benützt, wenn es ihn braucht; aber der Schatz gehört immer dem Lieben Gott.
Schließlich heißt es, dass man sich nie durch seine Fehler entmutigen lässt, denn Kinder fallen oft, aber sie sind zu klein, um sich sehr weh zu tun.
Therese verspürte in sich den Wunsch, Kämpferin für den Glauben, Priester, Apostel, Kirchenlehrer zu werden, aber vor allem erfüllte sie das Verlangen nach dem Martyrium:
Als beim Gebet meine Begierden mich ein wahres Martyrium erleiden ließen, schlug ich die Briefe des hl. Paulus auf, um irgendeine Antwort zu suchen. Das 12. und 13. Kapitel des ersten Korintherbriefes fiel mir in die Hände. Ich las im ersten, dass nicht alle zugleich Apostel, Propheten, Lehrer usw. sein können, dass die Kirche sich aus verschiedenen Gliedern zusammensetzt, und dass das Auge nicht zugleich Hand sein kann. Die Antwort war klar, stillte aber mein Sehnen nicht und brachte mir keinen Frieden. … Wie Magdalena sich immer wieder über das leere Grab beugte und schließlich fand, was sie suchte, so erniedrigte ich mich bis in die Tiefen meines Nichts und da erhob ich mich so hoch, dass ich mein Ziel erreichte. … Ohne mich entmutigen zu lassen, setzte ich meine Lesung fort und fand Trost in folgendem Satz:
Strebt eifrig nach den vollkommensten Gaben, aber ich will euch einen noch vorzüglicheren Weg zeigen
(1. Korintherbrief 12, 31). Und der Apostel erklärt, wie die vollkommensten Gaben nichts sind ohne die Liebe …, dass die Liebe der vortreffliche Weg ist, der mit Sicherheit zu Gott führt.
Endlich hatte ich Ruhe gefunden. … Den mystischen Leib der Kirche betrachtend, hatte ich mich in keinem der vom hl. Paulus geschilderten Glieder wiedererkannt, oder vielmehr, ich wollte mich in allen wiedererkennen. … Die Liebe gab mir den Schlüssel meiner Berufung. Ich begriff, dass, wenn die Kirche einen aus verschiedenen Gliedern bestehenden Leib hat, ihr auch das notwendigste, das edelste von allen nicht fehlt; ich begriff, dass die Kirche ein Herz hat, und dass dieses Herz von Liebe brennt. Ich erkannte, dass die Liebe allein die Glieder der Kirche in Tätigkeit setzt, und würde die Liebe erlöschen, so würden die Apostel das Evangelium nicht mehr verkünden, die Märtyrer sich weigern, ihr Blut zu vergießen. Ich begriff, dass die Liebe alle Berufungen in sich schließt, dass die Liebe alles ist, dass sie alle Zeiten und Orte umspannt …, mit einem Wort, dass sie ewig ist! …
Da rief ich im Übermaß meiner überschäumenden Freude: O Jesus, meine Liebe, … endlich habe ich meine Berufung gefunden, MEINE BERUFUNG IST DIE LIEBE! …
Ja, ich habe meinen Platz in der Kirche gefunden, und diesen Platz, mein Gott, den hast du mir geschenkt: Im Herzen der Kirche, meiner Mutter, werde ich die Liebe sein …, so werde ich alles sein …, so wird mein Traum Wirklichkeit werden.
Das Gebet als archimedischer Punkt: Ein Gelehrter hat gesagt:
Gebt mir einen Hebel, einen Stützpunkt, und ich werde die Welt aus den Angeln heben.
Was Archimedes nicht erreichen konnte, weil seine Forderung sich nicht an Gott richtete und nur das Stoffliche betraf, das erlangten die Heiligen in seiner ganzen Fülle. Der Allmächtige gab ihnen als Stützpunkt: GOTT SELBST und GOTT ALLEIN, [und] als Hebel: das Gebet, das mit einem Liebesfeuer entflammt, und auf diese Art haben sie die Welt aus den Angeln gehoben; und auf diese Art heben die heute streitenden Heiligen sie aus den Angeln, und bis zum Ende der Welt werden es die künftigen Heiligen ebenfalls tun.
Quelle: Therese Martin: Ich gehe ins Leben ein - Letzte Gespräche der Heiligen von Lisieux. Leutesdorf 1979, S. 152
Therese vom Kinde Jesus: Selbstbiographische Schriften - Authentischer Text, übersetzt von O. Iserland und C. Capol. Einsiedeln 1958, S. 199 - 201, 274
zusammengestellt von Abt em. Dr. Emmeram Kränkl OSB,
Benediktinerabtei Schäftlarn,
für die Katholische SonntagsZeitung