Kommentar zum Sonntagsevangelium
Wer mich gesehen hat, hat den Vater gesehen
Heiliger Johannes Paul II.
Papst
Enzyklika « Dives in misericordia » § 2 (© Libreria Editrice Vaticana)
Gott, »der in unzugänglichem Licht wohnt« (1 Tim 6,16), spricht zugleich zum Menschen durch die Sprache des Universums: »Seit Erschaffung der Welt wird seine unsichtbare Wirklichkeit an den Werken der Schöpfung mit der Vernunft wahrgenommen, seine ewige Macht und Gottheit« (Röm 1,19- 20). Diese indirekte und unvollkommene Erkenntnis - ein Werk des Verstandes, der Gott durch Vermittlung der Geschöpfe sucht, ausgehend von der sichtbaren Welt - ist noch kein »Sehen des Vaters«. »Niemand hat Gott je gesehen«, schreibt der heilige Johannes, um jener Wahrheit besonderen Nachdruck zu verleihen, daß »Er, der Einzige, der Gott ist und am Herzen des Vaters ruht, (ihn) kundgemacht hat« (Joh 1, 18).
Diese »Kundmachung« offenbart Gott im unauslotbaren Geheimnis seines einen und dreifaltigen Seins, das von »unzugänglichem Licht« (1 Tim 6, 16) umgeben ist. Doch erkennen wir Gott durch die »Kundmachung« Christi vor allem in seiner liebenden Zuwendung zum Menschen, in seiner »Menschen - Freundlichkeit« (Tit 3,4-5). Gerade hier wird seine »unsichtbare Wirklichkeit« auf besondere Weise »sichtbar« in unvergleichlich höherem Maß als durch all seine anderen »Werke«: sie wird sichtbar in Christus und durch Christus, durch seine Taten und seine Worte und schließlich durch seinen Kreuzestod und seine Auferstehung. Auf diese Weise - in Christus und durch Christus - wird Gott auch in seinem Erbarmen besonders sichtbar.