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Kommentar zum Sonntagsevangelium


Den armen Christus erkennen

Hl. Johannes Chrysostomus (um 345-407)
Priester in Antiochia und später Bischof von Konstantinopel, Kirchenlehrer
Homilien über das Matthäusevangelium, N° 50, 3-4

Du möchtest den Leib Christi ehren? Dann verachte ihn nicht, wenn er nackt ist. Ehre ihn nicht hier in der Kirche mit Seidenstoffen, während du ihn draußen unter der Kälte und am Mangel an Kleidung leiden lässt. Denn der gesagt hat: „das ist mein Leib“ (Mt 26,26), und der dies hat Wirklichkeit werden lassen, als er es sprach, der hat auch gesagt: „Ihr habt mich hungrig gesehen und mir zu essen gegeben“ und „was ihr einem dieser Kleinen getan habt, das habt ihr mir getan“ (vgl. Mt 25,42.45).

Hier benötigt der Leib Christi keine Kleider, sondern reine Seelen; dort benötigt er sehr viel Sorge [...]

Gott braucht keine Gefäße aus Gold, sondern Seelen, die von Gold sind.

Dies sage ich euch nicht, um euch daran zu hindern, fromme Geschenke zu machen. Doch ich betone, dass man gleichzeitig und sogar zuerst Almosen geben muss [...]

Welchen Nutzen hat es, wenn der Tisch Christi mit Goldgefäßen überladen wird, während Er selbst vor Hunger stirbt?

Beginne damit, den Hungrigen zu speisen; was dir übrigbleibt, damit schmücke seinen Altar. Du schenkst einen Kelch aus Gold und du gibst keinen „Becher frisches Wasser“ (Mt 10,42)? [...]

Denke daran, dass es Christus ist, der weggeht und umherirrt, fremd und obdachlos. Und du, der du es versäumt hast, ihn aufzunehmen, du verschönerst den Fußbodenbelag, die Mauern und die Kapitelle der Säulen, du hängst Lampen auf an silbernen Ketten. Ihn jedoch willst du noch nicht einmal ansehen, der angekettet im Gefängnis liegt. Ich sage das nicht, um dich daran zu hindern, so großherzig Geschenke zu machen, doch ich ermahne dich, sie in Begleitung anderer Wohltaten zu tun oder sie sogar jenen vorausgehen zu lassen [...]

Wenn du also die Kirche schmückst, dann vergiss deinen Bruder nicht, der in Not ist, denn er ist ein Tempel, der wertvoller ist als jeder Tempel.