Seite wählen

Kommentar zum Sonntagsevangelium


Jubeln werden die Wüste und das trockene Land, jauchzen wird die Steppe und blühen wie die Lilie“ (Jes 35,1)

Sel. Guerricus von Igny (um 1080-1157)
Zisterzienserabt
4. Predigt zum Advent; SC 166 (trad. © Evangelizo)

„Stimme eines Rufers in der Wüste: Bereitet den Weg des Herrn!“: Brüder, wir müssen vor allem anderen über die Gnade der Einsamkeit nachsinnen, über die Seligkeit der Wüste, die seit Beginn der Heilszeit es wert war, der Erholung der Heiligen zu dienen. Gewiss, die Wüste ist uns heilig durch die „Stimme eines Rufers in der Wüste“, Johannes des Täufers, der dort predigte und eine Taufe zur Vergebung der Sünden spendete. Schon vor ihm hatten die heiligsten unter den Propheten bereits die Einsamkeit als einen Ort geliebt, der vom Geist Gottes bevorzugt wird (vgl. 1 Kön 17,2ff.; 19,3ff.). Doch dieser Ort erfuhr eine unvergleichlich größere Gnade der Heiligung, als Jesus den Platz des Johannes einnahm (Mt 4,1) [...] Vierzig Tage blieb er in der Wüste, als wolle er den Ort für ein neues Leben reinigen und heiligen; er besiegte den Despoten, der ihn dort heimsuchte, weniger für sich selbst als für die, die hier leben würden [...] Erwarte also in der Wüste den, der dich aus Angst und Ungemach rettet. Welche Kämpfe auch immer dort über dich hereinbrechen, unter welchen Entbehrungen du auch leidest – geh nicht nach Ägypten zurück. Die Wüste wird dich mit Manna besser ernähren. [...] Jesus hat in der Wüste gefastet, viele Male jedoch hat er die vielen Menschen, die ihm dorthin gefolgt sind, auf wunderbare Weise mit Nahrung versorgt [...] In dem Augenblick, wo du glaubst, er habe dich längst verlassen, kommt er, eingedenk seiner Güte, dich zu trösten und sagt: „Ich gedenke deiner Jugendtreue, der Liebe deiner Brautzeit, wie du mir in der Wüste gefolgt bist“ (Jer 2,2). Da macht er dann wirklich aus dieser Wüste ein Paradies der Wonnen, und du wirst wie der Prophet Jesaja verkünden: „Die Herrlichkeit des Libanon wurde ihr gegeben, die Pracht des Karmel und der Ebene Scharon“ (Jes 35,2). [...] Dann wird aus deiner gelabten Seele eine Lobeshymne hervorquellen: „Sie sollen dem HERRN danken für seine Huld, für seine Wundertaten an den Menschen, denn er hat gesättigt die lechzende Kehle und die hungernde Kehle hat er gefüllt mit Gutem“ (Ps 107(106),8–9).