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Kommentar zum Sonntagsevangelium


Dem Vater gehorsam, in der Nachfolge des Sohnes

Hl. Theresia Benedicta a Cruce [Edith Stein] (1891-1942)
Karmelitin, Märtyrerin, Mitpatronin Europas
Zum Fest „Kreuzerhöhung“ (14. September 1941) (Edith-Stein-Archiv, Geistliche Texte II)

Dein Wille geschehe! – Das war der Inhalt des Heilandslebens. Er kam in die Welt, um des Vaters Willen zu erfüllen: nicht nur, um durch Seinen Gehorsam die Sünde des Ungehorsams zu sühnen, sondern um auf dem Weg des Gehorsams die Menschen zu ihrer Bestimmung zurückzuführen.

Es ist dem geschöpflichen Willen nicht gegeben, in Selbstherrlichkeit frei zu sein. Er ist berufen, mit dem göttlichen Willen in Einklang zu kommen. Stellt er diesen Einklang in freier Unterwerfung her, dann ist es ihm vergönnt, in Freiheit mitzuwirken an der Vollendung der Schöpfung. Verweigert sich das freie Geschöpf diesem Einklang, so verfällt es der Unfreiheit. Der Wille des Menschen behält noch die Möglichkeit der Wahl, aber er steht im Bann der Geschöpfe, sie ziehen und drängen ihn in Richtungen, die von der gottgewollten Entfaltung seiner Natur wegführen, und damit von dem Ziel, dem er selbst in seiner ursprünglichen Freiheit zugewendet ist. Mit dieser ursprünglichen Freiheit verliert er auch die Sicherheit der Entscheidung. Er wird unstet und schwankend, in Zweifeln und Skrupeln umhergetrieben oder in seiner Verirrung verhärtet.

Demgegenüber gibt es keine andere Heilung als den Weg der Nachfolge Christi: des Menschensohnes, der nicht nur unmittelbar dem himmlischen Vater gehorcht, sondern sich den Menschen unterwarf, die des Vaters Wille über Ihn stellte. Der von Gott geordnete Gehorsam löst den versklavten Willen aus den Banden der Geschöpfe und führt ihn zur Freiheit zurück. Er ist darum auch der Weg zur Reinheit des Herzens.