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Kommentar zum Sonntagsevangelium


Fahren wir ans andere Ufer (Lk 8,22)

Origenes (um 185 - 253)
Priester und Theologe
Kommentar zum Matthäusevangelium, 11,5-6

„Jesus drängte die Jünger, in das Schiff zu steigen und ihm ans andere Ufer vorauszufahren, während er die Menschenmenge verabschiedete.“ Die Menschen konnten nicht ans andere Ufer gehen, da sie keine Hebräer im geistlichen Sinn des Wortes waren, das sich so übersetzen lässt: „die Leute vom anderen Ufer“. Dieses Werk jedoch war das der Jünger Jesu: ans andere Ufer zu gehen, das Sichtbare und Fleischliche übersteigen, diese zeitlichen Wirklichkeiten, und als erste bei dem Unsichtbaren und Ewigen anzukommen... Die Jünger allerdings konnten Jesus nicht ans andere Ufer vorauseilen... Er wollte sie möglicherweise durch die Erfahrung lehren, dass es ohne ihn nicht möglich ist, dorthin zu kommen... Was ist das für ein Schiff, in das Jesus die Jünger einsteigen heißt? Ist es nicht der Kampf gegen die Versuchungen und die schwierigen Lebensbedingungen?...

Dann stieg er auf einen Berg – allein -, um zu beten. Für wen betet er? Möglicherweise zuerst für die Menschenmenge, damit sie, weggeschickt, nachdem sie das gesegnete Brot gegessen hat, nicht etwas machen kann, was dieser Sendung Jesu entgegensteht. Auch für die Jünger..., auf dass sie auf dem Meer nicht von den Wellen und vom Gegenwind bedrängt werden. Ich habe Lust zu sagen, dass es Jesu Gebet zu verdanken ist, das er zum Vater empor sendet, dass die Jünger keinen Schiffbruch auf dem Meer erlitten haben.

Und wir, wenn wir eines Tages den Zwängen der Versuchungen unterliegen, erinnern wir uns daran, dass es nicht möglich ist, ans andere Ufer zu kommen, ohne die Prüfung der Wellen und des Gegenwindes auszuhalten. Und dann, wenn wir uns umgeben sehen von zahlreichen und anstrengenden Angelegenheiten, schon ein bisschen ermüdet durch eine sich hinziehende Überfahrt, dann denken wir daran, dass unser Schiff gerade inmitten des Meeres fährt und dass diese Wellen versuchen, „uns im Glauben Schiffbruch erleiden zu lassen“ (vgl. 1 Tim 1,19)... Glauben wir dann daran, dass das Ende der Nacht unmittelbar bevorsteht: „Die Nacht ist vorgerückt, der Tag ist nahe“ (Röm 13,12). Der Sohn Gottes wird zu uns kommen, um das Meer für uns zu beruhigen, indem er über die Wasser geht.