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Kommentar zum Sonntagsevangelium


Mein Herr und mein Gott

Hl. Thomas von Villanova (um 1487−1555)
Augustinereremit, dann Bischof Predigt zum Sonntag in Albi
in Homiliarius Breviarii Romani, Card. Vivès

„Wenn ich nicht die Male der Nägel an seinen Händen sehe und wenn ich meinen Finger nicht in die Male der Nägel und meine Hand nicht in seine Seite lege, glaube ich nicht“, sagte Thomas. Eine erstaunliche Verstocktheit bei diesem Jünger: Das Zeugnis so vieler Brüder und sogar der Anblick ihrer Freude reichen nicht aus, um ihm den Glauben zu vermitteln. Und so erscheint der Herr, um seinem Glauben aufzuhelfen. Der gute Hirt erträgt den Verlust seines Schafes nicht (vgl. Mt 18,12), er war es, der zu seinem Vater gesagt hatte: „Von denen, die du mir gabst, habe ich keinen verloren gehen lassen [...]“ (vgl. Joh 17,9−12). Die Hirten mögen also erkennen, wie fürsorglich sie mit ihren Schafen umgehen müssen, wenn doch der Herr um eines einzigen willen erscheint. Alle Fürsorge und alle Bemühungen zählen wenig im Vergleich zur Wichtigkeit einer einzigen Seele [...]

„Streck deinen Finger aus − hier sind meine Hände! Streck deine Hand aus und leg sie in meine Seite und sei nicht ungläubig, sondern gläubig!“ Selig die Hand, die die Geheimnisse des Herzens Christi erforscht hat! Was für Schätze hat sie doch entdeckt! Als Johannes an diesem Herzen ruhte, lagen die Geheimnisse des Himmels für ihn offen (vgl. Joh 13,25); Thomas hat sie erforscht und dabei große Schätze entdeckt: Welche wunderbare Schule, die solche Schüler ausbildet! Dank ihr hat Johannes gesagt: „Im Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und das Wort war Gott“ (Joh 1,1). Damit hat er über Gott Wunderbares gesagt, das höher steht als die Sterne. Und Thomas, von Licht der Wahrheit berührt, hat das erhabene Wort gesprochen: „Mein Herr und mein Gott!“